Verletzungsrisiko und Übertragung von Krankheiten minimieren: Eine Injektionsnadel, die beim Einstechen weich wird.
Eine herausragende Eigenschaft von Gallium ist sein niedriger Schmelzpunkt von nur knapp 30 Grad Celsius. Das macht das Technologiemetall für zahlreiche Anwendungsgebiete interessant, von der Soft-Robotik über die Kühlung von Prozessoren bis hin zu umweltfreundlichen Flüssigkatalysatoren für die Chemieindustrie und sogar in der Kunst. Großes Potenzial zeigt Gallium auch im Bereich der Medizintechnik. Ein Forschungsteam am Korea Advanced Institute of Science and Technology hat jetzt auf Basis des Metalls, eingekapselt in ultraweiches Silikonmaterial, eine intravenöse Nadel entwickelt, die sich optimal an biologisches Gewebe anpasst: Beim Einstechen wird sie durch die Körpertemperatur weich und bleibt es auch.
Viele globale Probleme im Gesundheitswesen könnten so gelöst werden, die beim Gebrauch herkömmlicher medizinischer Nadeln aus harten Materialien wie Edelstahl oder Kunststoff auftreten, erklärt Dr. Jae-Woong Jeong, einer der Studienleiter. Einerseits ließe sich das Verletzungsrisiko minimieren, das von leichten Gewebeschäden an den Injektionsstellen bis hin zu schweren Entzündungen reicht. Andererseits würde, weil die Nadel nach dem Gebrauch weich bleibt, die mehrfache Verwendung verhindert – eine Praxis, die zwar die Kosten senke, aber die Übertragung gefährlicher Krankheiten wie HIV und Hepatitis-B/C fördere und daher unethisch sei.
Versuche an Mäusen zeigten, dass die biokompatiblen Nadeln im Vergleich mit Standardinfusionsgeräten deutlich weniger Entzündungen verursachen, aber genauso zuverlässig Medikamente verabreichen. Zusätzlich könne ein maßgeschneiderter, ultradünner Temperatursensor in die Nadel integriert werden, um die Gesundheitsversorgung noch weiter zu optimieren, so die Forscher. Mit einem einzigen Gerät ließe sich so die Körpertemperatur der Patienten überwachen und feststellen, ob beim Einstechen der Nadel Flüssigkeit austritt.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Erfindung für eine ganze Palette an klinischen Anwendungen genutzt werden kann. Neben Injektionsnadeln sei auch die Neugestaltung anderer scharfer medizinischer Instrumente möglich.
Mehr zu Gallium in der Medizin: Am Einsatz des Technologiemetalls im Gesundheitswesen wird viel geforscht, ob als Bestandteil von flexiblen tragbaren medizinischen Gadgets oder bei der Entwicklung neuartiger Implantate, die sich im Körper auflösen, nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben. Auch bei der Bekämpfung von antibiotikaresistenten Bakterien, in der Hirnforschung und sogar als Medikament hat Gallium sich schon in Studien bewährt.
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