Forscher entwickeln Flüssigkatalysator, mit dem sich Energie und CO2-Emissionen in zahlreichen Produktionsprozessen einsparen ließen.
Mit einem Anteil von fünf bis sechs Prozent ist die chemische Industrie der drittgrößte industrielle Verursacher der globalen Treibhausgasemissionen. Dieser Anteil wird sich bis 2050 voraussichtlich verdoppeln, denn der weltweite Materialbedarf wächst stetig, wie Zahlen der Beratungsfirma Deloitte zeigen. Nahezu alle weltweiten Wertschöpfungsketten und über 90 Prozent aller hergestellten Güter hängen mit der Chemiebranche zusammen. Zudem verbraucht sie zehn Prozent der fossilen Brennstoffe. Eine klimafreundliche Transformation chemischer Prozesse ist also unumgänglich, um den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Zugleich gilt die Branche als äußerst schwer zu elektrifizieren, daher sind andere Wege gefragt wie die Umstellung auf umweltfreundlichere Produktionstechniken.
Unter der Leitung der australischen University of Sydney wurde nun ein Verfahren entwickelt, das nach Ansicht der beteiligten Forscher eine „beispiellose Möglichkeit“ bietet, energieintensive chemische Prozesse zu ersetzen, die noch aus dem frühen 20. Jahrhundert stammen. Dabei kommen statt der gängigen Katalysatoren aus festen Materialien Flüssigmetalle zum Einsatz. Ein Katalysator ist ein Stoff, der chemische Reaktionen beschleunigt und erleichtert, ohne selbst daran beteiligt zu sein. In der Regel verwendet die chemische Industrie feste Metalle oder Metallverbindungen, um unter anderem Kunststoffe, Düngemittel, Kraftstoffe und Rohstoffe herzustellen. Diese Prozesse erfordern jedoch Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius und einen hohen Energieeinsatz.
Galium ermöglicht „Superkatalysator“
In dem neuen Verfahren wurden stattdessen Nickel und Zinn in einem flüssigen Metall auf Basis von Gallium gelöst. Dieses Technologiemetall weist einen Schmelzpunkt von nur knapp 30 Grad Celsius auf. Weil Atome in flüssigen Metallen zufälliger angeordnet seien und sich freier bewegen können als in festen Stoffen, entstehe laut den Forschern eine „einzigartige Mobilität“, die es den Materialien erleichtere, mit den chemischen Reaktionen in Kontakt zu kommen. Insbesondere das so gewonnene verflüssigte Nickel sei ein regelrechter „Superkatalysator“, der bereits bei sehr niedrigen Temperaturen seine Wirkung entfalte, erklärt Dr. Junma Tang, einer der Projektleiter. Zum Vergleich: Der Schmelzpunkt von festem Nickel liegt bei 1.455 Grad Celsius – nicht nur die Effizienz, sondern auch die Energieersparnis ist also beträchtlich.
Die Formel ließe sich auf verschiedene chemische Reaktionen anwenden, so die Forscher; Flüssigmetalle könnten die lang erwartete Lösung sein, um die Chemiebranche grüner zu machen.
Mehr zu Gallium und wie es die Chemieindustrie dekarbonisieren könnte: Bereits im letzten Jahr haben einige der beteiligten Forscher einen Flüssigkatalysator auf Basis von Gallium entwickelt, um großtechnische Prozesse günstiger und energieeffizienter zu machen. Ebenfalls in Australien gelang ein erster Schritt, um mit flüssigem Gallium CO2 in der chemischen Produktion zu neutralisieren und zu speichern.
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